Eine Buchhülle filzen und mit Ecoprint bedrucken

Hier stelle ich eine einfache Variante vor, wie Filz und Ecoprint wunderbar kombiniert werden können.

Natürlich ist das Bedrucken nur ein optionaler Schritt. Genauso könnte man eine farbige Wollfläche auslegen und/oder Muster mit Wolle gestalten. Hierzu gibt es weiter unten einige Bilder.

Ein solcher Flächenfilz ist recht einfach herzustellen. Am besten eignet sich feine Merinowolle (hier im Band) für dieses Projekt, denn die Buchhülle darf nicht zu voluminös werden, sonst bekommt das umhüllte Buch nachher eine "Maulsperre". Ich habe pro Hülle 35 g verwendet, wer dicker auslegt, braucht etwas mehr.

 

Die Fläche ist in diesem Beispiel für ein DIN A5-Buch berechnet. Dafür die Höhe ausmessen (plus ca. 1 cm,      hier 22 cm), dann den Querumfang plus 2 mal ca.7 cm für die Umschläge, in die das Buch eingesteckt wird      (hier 33+7+7cm = 47cm).

Nun die Schrumpfung berechnen: als Faustformel gilt ja 30% Zugabe. Da ich hier aber eine feine Merinowolle    dünn auslegen möchte, gehe ich von 40% aus. Und da ich die Arbeit effektiver gestalten will, arbeite          ich direkt 2 Buchhüllen auf einmal, lege also 2 mal die Länge aus.

Es entsteht hier ein Rechteck von 34 x 132 (66+66) cm (aufgerundet). Dies gilt für passgenaues Arbeiten.

Ich mag die etwas unregelmäßigen Ränder gerne, die beim Filzen entstehen und die ich so in die Gestaltung      mit einbeziehen kann. Genauso (und das ist deutlich einfacher) kann man aber die Maße etwas großzügiger        auslegen und zum Schluss die Ränder beschneiden. Dann werden sie natürlich gerade. Tipp: am besten erst nach dem Trocknen des Werkstückes auf Maß schneiden, denn die Wolle kann beim Trocknen noch geringfügig        schrumpfen.

 

1.                               2.                                3.

1. In der Schuppentechnik werden 2 dünne Schichten Wolle (hier feine Australmerino, 21 mic) ausgelegt, eine       längs, die andere quer (oder umgekehrt, das ist egal). Im Zweifel kann man auch eine Schicht Wolle mehr         auflegen, um Löcher zu vermeiden. Eine großzügig bemessene Noppenfolie unterlegen (Noppen nach oben).

   Auf diesem Youtube-Video sieht man recht gut, wie die Wollschuppen ausgezogen werden. Für mein Projekt         dürfen die Schuppen gerne etwas dünner sein. Dafür die Hand, die den Wollstrang hält, etwas höher setzen,

   so löst sich beim Herausziehen weniger Wolle.

2. Manchmal ist die Wolle in einem sehr breiten Band gekämmt. Dann lieber ein Stück abtrennen und längs           teilen, so kann man die Spitzen zum Zupfen der Schuppen viel besser greifen.

3. Die fertig ausgelegte Fläche wird mit Seifenspänen (Kern- oder Olivenseife) leicht beraspelt. Ich benutze       dafür die feine Seite einer Käsereibe.        

4.                               5.                                6.

4./5. Die Fläche gleichmäßig mit möglichst warmem Wasser anfeuchten, das geht sehr gut mir einem Spritzball.          Anschließend mit einer zweiten Noppenfolie abdecken (Noppen nach unten). Ein paar Spritzer Wasser darauf        geben und mit eingeseiften Händen die Wolle mit leichtem Druck flach reiben, sodass sich das Wasser            gleichmäßig verteilt.

6. So soll es dann aussehen: die linke Seite ist schon gut bearbeitet, das Wasser hat sich gleichmäßig

   verteilt, was man deutlich an der dunkleren Farbe sieht. Dies geht relativ schnell, hier braucht man sich       nicht lange aufzuhalten.

7.                           8.                          9.                          10.

7. Ist die gesamte Fläche so in der Reibetechnik bearbeitet, wird sie möglichst eng und faltenfrei auf einen       Wickelkern aufgerollt. Ich benutze ein Stück Isolierung für Wasserleitungen aus dem Baumarkt. Genauso würde     z.B. eine Poolnudel helfen, aber ein Stück dicht gerollte Noppenfolie oder ein gerolltes Handtuch tun es       auch. Filzer sind findig, wir nutzen, was uns sinnvoll erscheint, hier ist Querdenken erlaubt! Zur             Sicherung kommt außen ein Handtuch um das Paket, dann wird mit sanftem Druck und beiden Händen gerollt =       gewalkt. Dafür eine sinnvolle Zeitangabe zu machen ist schwierig, denn jeder rollt anders, ca. 1-2 Minuten     reichen ungefähr. Ist das Werkstück breiter als die nebeneinander arbeitenden Hände, müssen diese natürlich     während des Walkens wandern, damit überall Druck entsteht.

8./9. Dann die Rolle aus dem Handtuch auspacken, um 180 Grad drehen, ein kleines Stück öffnen. Den Wickelkern        herausziehen und wieder an den Anfang legen. Von dieser Seite erneut einrollen, dabei Stück für Stück          vorgehen: hinten ausrollen, vorne einrollen. So spart man Platz und Wärme, die sich natürlich schneller        verflüchtigt, wenn die Rolle ganz geöffnet wird.

      Wieder ein Weilchen rollen, der Druck bleibt leicht.

10. Nächste Runden: Rolle wieder wenden, Wickelkern entfernen, Rolle einpacken. Durch das Weglassen des            Wickelkernes erhöht sich der Druck automatisch, wenn wieder ca.1-2 Minuten gerollt wird.

    Jetzt muss die Rolle komplett entrollt werden, um sie von der Ober- auf die Unterseite zu drehen (wie ein      Pfannkuchen). Nun die obere Folie entfernen (dies erhöht wiederum den Druck, weil eine weitere                  Pufferschicht fehlt). Eventuelle Falten vorsichtig glätten, heißes Wasser aufsprühen, einrollen, weiter

    wie gehabt: immer wieder drehen/wenden/glätten/rollen, dabei den Druck langsam steigern, bis die Wolle

    sich zu einer Fläche verbindet.

 

11.                         12.                         13.                         14.

11. Nun kann im Handtuch weitergerollt werden. Dabei ist es wichtig, nach und nach den Druck zu erhöhen und        das Werkstück immer warm zu halten, entweder mit warmem Wasser oder viel schneller

12. in der Mikrowelle (ca. 1 Minute auf höchster Stufe).Vorsicht beim Herausnehmen, das kann wirklich sehr          heiß werden!

13. Um die Schrumpfung von allen Seiten gleichmäßig zu betreiben, muss das Werkstück natürlich auch von den        langen Seiten her eingerollt werden. Sollte es so nicht ins Handtuch passen, kann es auch gefaltet werden.      Diesen Faltknick sollte man im weiteren Prozess immer auf eine andere Stelle verschieben, sonst                manifestiert er sich auf Dauer.

14. Dass sich nach einer Walkrunde Falten bilden ist ganz normal. Diese mit der Hand glätten, dabei eher            klopfen als reiben, um die Oberfläche nicht aufzurauhen. Bei Bedarf Hände einseifen. Auch die Ränder auf        Gleichmäßigkeit überprüfen, wenn nötig durch sanftes Dehnen oder teilweises Walken (sh. Bild 18)                korrigieren.

    Weiter walken, bis die gewünschte Größe erreicht ist, deshalb zwischendurch immer mal wieder nachmessen!

 

 

15.                        16.                           17.                        18.

15. Auch mir passiert es, dass sich an den Ecken "Nasen" bilden. Diese kann man durch gezieltes Walken              bekämpfen:

16. Werkstück schräg legen (denn die Wolle schrumpft immer in die Richtung, in die ich walke), Nase mit heißem      Wasser besprenkeln, einrollen. Mit größtmöglichem Druck nur diese Partie walken, dabei verschiedene            Handgriffe ausprobieren, ich nutze gerne die Faust.

17. Deutlich besser! Den Minizipfel ganz unten habe ich später abgeschnitten.

18. Am unteren Rand war eine kleine Ausbuchtung, die ich durch Druck mit der Handkante zum Wegschrumpfen            gezwungen habe.

19.                                            20.

19. Übers Ziel hinaus geschossen? Hier waren 22 cm in der Breite (entspricht der Buchhöhe) gewollt, der Filz        ist aber schon auf 20 cm geschrumpft. Dies ist kein Problem, solange das Werkstück noch etwas dehnbar ist.      Man greift es links und rechts und dehnt mit gleichmäßigem Zug nach außen. Achtung: hierbei verliert man        zwangsläufig etwas Länge in der anderen Richtung. Wenn ich also (wie auf dem Foto) in Querrichtung dehne,      verkürzt sich das Werkstück etwas in der Länge, deswegen beide Richtungen sorgfältig nachmessen und

    dehnen, bis es passt. Hier zeigt sich der Vorteil der großzügigen Bemaßung beim Auslegen, dann kann ich im      Zweifel zum Schluss passend zuschneiden.

20. Maß nehmen am Objekt zur Sicherheit, dass das Werkstück fertig ist (ggfs. das Buch in eine dünne                Plastiktüte stecken, der Filz ist ja noch feucht). Jetzt noch gründlich ausspülen, um die Seife zu              entfernen. Zur Sicherheit ins letzte Spülbad einen Schuss Essig-Essenz geben, das neutralisiert eventuell      noch vorhandene Seifenreste. Zum späteren Bedrucken schwimmen lassen, sonst in einem Handtuch trocken          rollen, gut geglättet (klopfen, nicht reiben!) trocknen lassen. Bei Bedarf können wellige Filze mit dem        Dampfbügeleisen gebügelt werden.

 

Wer den Umschlag weiß lassen möchte oder farbig gearbeitet hat, braucht nach dem Trocknen (und in meinem Falle Teilen in 2 Stücke, gerne mit dem Rollschneider) nur noch die Klappen einzuschlagen und am oberen und unteren Rand knappkantig festzunähen. Natürlich kann noch kreativ weiter gestaltet werden: besticken, benähen, bedrucken, beschriften, Verschluss und Lesezeichen anbringen.... so Vieles ist möglich, lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf!

 

Hier ein paar Beispiele meiner farbigen Buchhüllen, rechts mit Eukalyptus-Druck:

                     

 

                               Bedrucken mit Ecoprint 

Für diesen Schritt kann die Hülle feucht aus dem Essig-Spülbad weiter bearbeitet werden. Sie sollte lediglich etwas ausgdrückt, leicht trocken gerollt und geglättet werden.

Die hier verwendete Ecoprint-Technik ist ein Schnell-Verfahren. Üblicherweise braucht man einen längeren Vorlauf, denn das mindestens einstündige Einlegen der Stoffe in sogenannte Beizen schließt die Fasern zur besseren Farbaufnahme auf, was noch intensivere Farbausbeuten ermöglicht. Da in diesem Projekt aber mein Ziel ist, innerhalb einer kurzen Kurszeit Filz und Ecoprint zu kombinieren, nutze ich die Eigenschaft der Wolle, sich besonders leicht mit Pflanzenfarben zu verbinden und verwende das Essig-Spülbad am Ende des Filzprozesses als schnelle Beize. 

 

21.                         22.                          23.                        24.

21. Natürlich muss ich auch bei der Blattauswahl solche bevorzugen, die grundsätzlich ein starkes Druck-            ergebnis versprechen. Hier liebe ich vor allem Rosen, die auch jetzt schon verfügbar sind. Und zum Glück        hatte ich im Spätsommer einige Blätter der Esskastanie eingefroren, die sich wie frisch verarbeiten

    lassen. Ebenfalls aus dem Gefrierschrank kommen Perückenstrauchblätter, die nach meiner Erfahrung immer        gute Drucke liefern. Hier haben sie mich aber etwas enttäuscht, dazu später mehr.

22. Zur Verstärkung der Farbe lege ich die Rosenblätter in eine leichte Eisenbeize ein (eine Messerspitze          Eisensulfat in heissem Wasser auflösen). Diese Blätter später nur mit Handschuhen anfassen!

23. Der Filz wird mit den Blättern belegt, dabei darf man ganz kreativ sein. Wichtig ist nur, dass die Blätter      mit der Unterseite nach unten aufgelegt werden, denn durch die Spaltöffnungen auf der Blattunterseite          treten die Pflanzenfarbstoffe am bereitwilligsten aus.

    Ein kurzer Gang durch den Garten brachte mich auf die Idee, es auch mit Löwenzahn- und Silbertalerblüten        zu versuchen. Blütenfarbstoffe sind zwar in der Regel flüchtiger als Blattfarbstoffe, aber da die              Buchhüllen ja voraussichtlich eher selten gewaschen werden, sollte das hier kein Problem sein.

24. Hier sieht man, dass die Blüten möglichst "kopfüber" ausgelegt werden. Das Handtuch liegt noch vom              Trockenrollen unter dem Filz, wirklich gebraucht wird es bei diesem Arbeitsschritt nicht.

25.                26.

25. Ist alles schön arrangiert, wird die Filzbahn möglichst stramm auf einen festen Wickelkern gerollt, hier        ein Stück Wasserrohr aus dem Baumarkt. Außen verschnüre ich gerne mit breiten Stoffstreifen, man kann aber      auch Kordel oder Garn verwenden. Dabei ergeben sich manchmal ganz nebenbei Abbindemuster, die aber nicht        immer erwünscht sind.

26. Jetzt wird gedämpft. Dazu nutze ich einen alten Bräter vom Flohmarkt, bei mehreren Rollen einen großen          Einkochkessel. Auf dem Topfboden steht ein Gittereinsatz, damit die Rolle nur mit dem Dampf, aber nicht        mit dem Wasser in Berührung kommt. Natürlich kommt ein Deckel darauf und es brodelt nun mindestens eine        halbe Stunde lang, gerne länger, wenn die Zeit es erlaubt. Achtung: ab und zu Wasser nachfüllen, es            verdampft recht viel, und dieses Gefäß auf keinen Fall mehr für Speisezwecke verwenden!

    Ich habe nach einer Stunde den Herd ausgeschaltet und die Rolle etwas abkühlen lassen.

27.                         28.                           29.                        30.                   

27. Nun kommt der schönste Teil: das Öffnen der Rolle! Das ist immer ein kleines Fest, denn trotz großer            Erfahrung kann auch ich nie genau voraussagen, wie sich der Druck zeigen wird. Entsprechend groß ist die        Spannung und die Freude, wenn sich schon nach den ersten Zentimetern ahnen lässt, dass das Experiment          geglückt ist! Die Blätter und Blüten können auf dem Kompost entsorgt werden.

    Wichtig zu wissen: kurz nach dem Öffnen zeigt sich nur das "vorläufige Endergebnis", denn die                  Pflanzenfarben verändern sich möglicherweise noch. Trocknung macht oft heller, aber Oxidation an der Luft      kann auch intensivieren, durch Auswaschen können Farbanteile wieder verloren gehen...es bleibt ein              Spiel mit vielen Unbekannten, aber umso einmaliger und wertvoller sind die Ergebnisse.

 

Nach dem Trocknen an einem schattigen Platz wird der Filz heiss gebügelt, auch zum Glätten, aber vielmehr zum Fixieren der Farben. Dabei habe ich noch eine Überraschung erlebt: der zarte Lilaton des Silbertalers wurde jetzt erst richtig sichtbar! Dafür sind die Drucke der rundlichen Perückenstrauchblätter deutlich blasser ausgefallenals erwartet. Beim nächsten Mal würde ich sie ebenfalls in Eisenbeize tauchen.

Der Vollständigkeit halber müssen die Filze auch noch ausgewaschen werden, denn es könnten Reste der Eisenbeize in den Fasern hängen.

Zum Test habe ich die 2 Filzstücke um die A5-Bücher gelegt, noch ist nichts genäht. Es ergeben sich 2 verschiedene Seiten, die schönsten werden später zur Vorderseite erklärt. Vielleicht werde ich die Perückenstrauchdrucke durch Stickstiche etwas hervorheben - ich werde berichten...

 

Hier wie versprochen die fertigen Bücher. Durch ein paar einfache Vorstiche mit pflanzengefärbtem Garn habe ich die zarten Drucke der Perückenstrauchblätter betont, beim linken Buch hauptsächlich mit einem kräftigeren Farbton aus einer Blauholzfärbung, beim rechten dezenter mit teegefärbtem Garn.